Prompting³ – Denken, Teil 1: Das Ziel – Was will ich erreichen?
Dieser Artikel ist Teil der fortlaufenden Serie „Prompting³ – Denken. Formulieren. Strukturieren.“
In dieser Reihe lernst du Schritt für Schritt, wie du mit Künstlicher Intelligenz klarer denkst, präziser formulierst und strukturierter arbeitest.
Jeder Beitrag widmet sich einer der 14 Komponenten, die gutes Prompten ausmachen – von der Rolle und Zieldefinition bis hin zu Ton, Stil und Struktur.
Die Serie verbindet praktische Übungen mit philosophischer Tiefe: Du lernst nicht nur, wie du bessere Prompts schreibst, sondern auch, wie du dein eigenes Denken schärfst.
Prompting³ ist ein Werkzeug für alle, die KI nicht nur nutzen, sondern verstehen und gestalten wollen.
Der unsichtbare Anfang
Die meisten Prompts entstehen aus Impulsen: „Schreib mir einen Text…“, „Mach mir ein Bild…“, „Erklär mir das mal…“. Doch hinter diesen Worten steckt fast nie ein wirkliches Ziel. Ein Ziel ist mehr als eine Aufgabe. Es ist die Absicht, die dem Denken Richtung gibt.
Ohne Ziel ist jeder Prompt nur Bewegung im Nebel – viele Wörter, wenig Wirkung. Sobald du aber weißt, was du erreichen willst, beginnt KI zu reagieren, statt nur zu antworten. Das Ziel ist der Punkt, an dem dein Denken scharf wird – wie das Fokussieren einer Kamera.
Ziel ist nicht gleich Aufgabe
„Ich will, dass KI einen Blogartikel schreibt“ – das ist keine Absicht, das ist ein Auftrag.
Das Ziel dahinter könnte lauten:
„Ich will, dass meine Leser:innen verstehen, warum bewusstes Prompten Denken trainiert.“
Das Ziel gibt dem Auftrag Bedeutung. Es ist das Warum, das den Was-Teil präzisiert. KI kann Aufgaben ausführen, aber sie versteht Absichten nur, wenn du sie formulierst.
Hier bist du dran! Probiere es direkt aus.
Formuliere selbst eine Aufgabe, z. B.: „Erstelle einen Text über Achtsamkeit beim Arbeiten.“
Überlege dann: Was will ich damit wirklich erreichen?
Ein mögliches Ziel könnte lauten: „Vermittle Menschen mit stressigem Büroalltag, dass Achtsamkeit kein Luxus ist, sondern eine Fähigkeit zur Selbstführung.“Lies beide Varianten laut und spüre den Unterschied: Wie verändert sich dein Fokus, deine Sprache, dein Bild im Kopf?
Dasselbe Thema – völlig andere Tiefe.
🧭 Reflexionsimpuls: Nimm dir fünf Minuten und schreibe dein eigenes Beispiel. Du wirst sofort merken, wie sich dein Denken ordnet, sobald du dein Ziel klar formulierst.
Warum das Ziel das Denken schärft
Wenn du dein Ziel formulierst, zwingst du dich, über deinen eigenen Beweggrund nachzudenken. Das ist das, was KI nicht kann: Absichten reflektieren. Prompten wird dadurch zu einer Art mentales Training – du lernst, dein Denken zu sortieren, bevor du es ausdrückst.
Ein gutes Ziel ist:
präzise, nicht vage
absichtsvoll, nicht mechanisch
menschlich relevant, nicht rein formal
Es beschreibt den Effekt, den du erzeugen willst – nicht nur das Produkt, das du erwartest.
Jetzt bist du dran!
Starte mit einem einfachen Prompt, z. B.: „Erstelle eine Liste mit veganen Lebensmitteln.“
Überlege dann, welches Ziel dahinter steckt. Was willst du damit wirklich erreichen?
Vielleicht möchtest du Menschen helfen, sich gesünder zu ernähren oder Sportler:innen zeigen, wie sie genug Eiweiß bekommen.Formuliere den Prompt neu und beobachte, wie sich die KI-Antwort verändert.
Beispiel: „Erstelle eine Liste mit veganen Lebensmitteln, die helfen, die tägliche Eiweißzufuhr zu decken – speziell für Menschen, die regelmäßig Sport treiben.“Lies beide Varianten und vergleiche. Spürst du, wie das Ziel steuert, was die KI sucht, priorisiert und hervorhebt?
✍️ Reflexionsimpuls: Mach dir bewusst: Jeder bewusste Gedanke im Ziel lenkt die Richtung deines Prompts. Je klarer dein innerer Kompass, desto präziser die KI-Antwort.
Zielebenen: Drei Schichten der Absicht
Ebene 1 – Oberflächenziel:
„Ich will Informationen.“
→ Die KI liefert Daten, Fakten, Definitionen.
Ebene 2 – Strukturziel:
„Ich will eine geordnete Darstellung, die mir hilft, das Thema zu verstehen oder zu erklären.“
→ Die KI liefert Struktur, Zusammenhänge, Vergleichbarkeit.
Ebene 3 – Erkenntnisziel:
„Ich will eine neue Perspektive entdecken oder mein Denken vertiefen.“
→ Die KI liefert Inspiration, Analogien, neue Muster.
Der Unterschied ist subtil, aber entscheidend. Die KI denkt nicht tiefer, du gibst ihr Tiefe.
Übung: Das Ziel sichtbar machen
Der spontane Prompt:
Schreib einen spontanen Prompt zu einem Thema, das dich beschäftigt.
Erkläre, wie KI mir helfen kann, gesünder zu leben.
Das Ziel formulieren
Was willst du wirklich wissen oder bewirken?
Ich möchte verstehen, wie KI mich motivieren kann, Routinen zu etablieren, die Gesundheit und Leistungsfähigkeit fördern.
Den Prompt neu formulieren
Erstelle einen 1000-Wörter-Blogartikel über gesunde vegane Ernährung für berufstätige Erwachsene (30–60 Jahre), die regelmäßig Sport treiben, aber wenig Zeit haben. Verwende einen lockeren, motivierenden Ton und gliedere den Text in fünf Abschnitte mit klaren Zwischenüberschriften. Schließe mit einem Praxistipp.
Beobachte den Unterschied.
Dasselbe Thema, völlig anderes Ergebnis. Das Ziel ist jetzt nicht mehr „Erklärung“, sondern „Verständnis mit Fokus“.
Zielkonflikte erkennen
Ein häufiger Fehler beim Prompten ist das Verstecken von widersprüchlichen Zielen:
„Mach es kurz, aber detailliert.“
„Schreib locker, aber wissenschaftlich.“
„Erkläre für Einsteiger, aber tiefgehend.“
Solche Mischsignale bringen selbst die beste KI ins Schleudern. Wenn du mehr als ein Ziel hast – trenne sie. Erstelle lieber zwei klare Prompts als einen, der sich selbst widerspricht.
Das ist keine Einschränkung, sondern mentale Hygiene. Klarheit ist immer stärker als Komplexität.
Das Ziel als Kompass
Im Prompting³-System ist das Ziel das Zentrum – der innere Lichtpunkt der Rosette.
Alles andere (Formulierung, Struktur, Ton, Stil) richtet sich nach ihm.
Wenn du dein Ziel klar formulierst, brauchst du weniger Tricks, weniger Beispiele, weniger Wiederholungen.
Das Ziel lenkt automatisch, wohin die KI denkt.
Ein gutes Ziel ist kein Befehl an die KI – es ist eine Einladung, mitzudenken.
Vom Ziel zur Wirkung
Zielklarheit ist kein Werkzeug, sondern eine Haltung. Sie verwandelt dein Prompten von „Text erzeugen“ zu „Sinn erzeugen“. Wenn du weißt, was du willst, wird KI zu deinem Partner, nicht zu deinem Lieferanten.
Im nächsten Artikel der inneren Schicht geht es um den zweiten Kreis deiner Denkebene:
Die Zielgruppe – Für wen schreibe ich?
Denn selbst das klarste Ziel bleibt leer, wenn du nicht weißt, wen es erreichen soll.
Dieser Beitrag ist Teil der Serie Prompting³ – Denken. Formulieren. Strukturieren.
Bisher erschienen:
- Die Kunst des Promptens – Denken lernen mit KI
- Das Ziel – Was will ich erreichen?
- Die Zielgruppe – Für wen schreibe ich?
- Der Situative Kontext – In welchem Rahmen steht der Prompt?
- Perspektive – Aus wessen Sicht wird gesprochen?
- Rolle – Wer spricht oder handelt?
- Ton – Wie klingt die Sprache?
- Schreibstil – Welcher Stil transportiert die Intention am besten?
- Umfang – Wie tief oder lang soll die Antwort gehen?
- Beispiel, Referenz & Vergleich – Gibt es ein Vorbild oder Stilbeispiel?
- Ausgabeformate – Wie soll die Antwort aussehen?
- Visuelle Komponenten – Soll die KI Bilder, Diagramme oder Layouts einbeziehen?
- Dateityp – In welcher Form soll das Ergebnis exportiert werden?
- Aufbau & Komposition – Wie Struktur Bedeutung formt
Das könnte dir auch gefallen
Prompting³ – Formulieren, Teil 4: Umfang – Wie tief oder lang soll die Antwort gehen?
Oktober 26, 2025
Prompting³ – Formulieren, Teil 2: Ton – Wie klingt die Sprache?
Oktober 26, 2025