Prompting³ – Denken, Teil 2: Die Zielgruppe – Für wen schreibe ich?
Dieser Artikel ist Teil der fortlaufenden Serie „Prompting³ – Denken. Formulieren. Strukturieren.“
In dieser Reihe lernst du Schritt für Schritt, wie du mit Künstlicher Intelligenz klarer denkst, präziser formulierst und strukturierter arbeitest.
Jeder Beitrag widmet sich einer der 14 Komponenten, die gutes Prompten ausmachen – von der Rolle und Zieldefinition bis hin zu Ton, Stil und Struktur.
Die Serie verbindet praktische Übungen mit philosophischer Tiefe: Du lernst nicht nur, wie du bessere Prompts schreibst, sondern auch, wie du dein eigenes Denken schärfst.
Prompting³ ist ein Werkzeug für alle, die KI nicht nur nutzen, sondern verstehen und gestalten wollen.
Die Zielgruppe – Für wen schreibe ich?
Selbst das klarste Ziel bleibt wirkungslos, wenn du nicht weißt, wer es empfangen soll.
Jede Botschaft braucht ein Gegenüber. Eine KI kann Inhalte generieren – aber sie braucht Orientierung, um Ton, Tiefe und Wortwahl zu treffen. Genau hier beginnt die zweite Schicht der inneren Rosette: die Zielgruppe.
Wenn du weißt, für wen du schreibst, verändert sich alles. Du formulierst anders, wählst andere Beispiele und erzeugst Resonanz. KI kann das nicht von selbst erkennen – du musst es ihr bewusst zeigen.
Warum Zielgruppenbewusstsein die Sprache verändert
KI reagiert auf Kontext. Wenn du keinen nennst, erstellt sie den neutralsten Text, den sie finden kann – sachlich, korrekt, aber seelenlos. Sobald du jedoch eine Zielgruppe nennst, entsteht Farbe im Denken.
Beispiel:
Neutral: „Erkläre die Grundlagen des veganen Lebensstils.“
Für Einsteiger:innen: „Erkläre die Grundlagen des veganen Lebensstils einfach, mit Beispielen aus dem Alltag und ohne Fachbegriffe.“
Für Fachpublikum: „Erkläre die Grundlagen des veganen Lebensstils mit Fokus auf Makronährstoffe, Stoffwechselprozesse und Ernährungsphysiologie.“
Ergebnis: Gleicher Inhalt – völlig unterschiedliche Textebene. Die Zielgruppe lenkt das Denken, nicht nur den Stil.
Hier bist du dran!
Nimm ein beliebiges Thema, z. B. „Ernährung auf Reisen“.
Schreibe denselben Prompt dreimal: einmal neutral, einmal für Kinder, einmal für erfahrene Radreisende.
Lies alle drei Antworten und spüre, wie sich die Tonalität, der Wortschatz und der Rhythmus verändern.
Frage dich: Welche Version fühlt sich für meine Zielgruppe am besten an?
💬 Reflexionsimpuls: Du trainierst hier Empathie. Je besser du dein Publikum spürst, desto menschlicher klingt deine KI.
Persona-Arbeit – Die Kunst, sich jemanden vorzustellen
KI versteht Zielgruppen am besten, wenn du sie personalisierst.
Statt „für Anfänger:innen“ kannst du schreiben:
„Schreibe für Alex, 35, arbeitet im Büro, interessiert sich für Gesundheit, hat aber wenig Zeit zum Kochen.“
Diese kleinen Informationen verändern, wie die KI denkt – plötzlich wird der Text lebendig, menschlich und situationsbezogen.
Jetzt bist du dran!
- Erfinde eine typische Leserin oder einen Leser für dein Thema.
- Gib ihr/ihm Alter, Beruf, Interessen und Motivation.
- Baue diese Beschreibung in deinen Prompt ein.
- Vergleiche das Ergebnis mit einem unpersönlichen Prompt – du wirst den Unterschied sofort merken.
🧭 Reflexionsimpuls: Zielgruppen sind keine Datenpunkte – sie sind gedankliche Anker. Je konkreter du wirst, desto empathischer reagiert KI.
Emotionale Verbindung – Wenn Information Bedeutung bekommt
Ein Prompt, der nur Wissen liefert, bleibt flach. Ein Prompt, der Gefühle anspricht, wird erinnert.
Wenn du deine Zielgruppe benennst, kannst du auch ihre Emotionen adressieren.
Beispiel:
Neutral: „Beschreibe die Vorteile von Meditation.“
Emotional: „Beschreibe, wie Meditation gestressten Berufstätigen hilft, nach einem langen Tag zur Ruhe zu kommen.“
Ergebnis: Die KI spricht nicht nur über Meditation – sie spricht zu einem Menschen.
Jetzt bist du dran!
Vom Kopf zum Herz:
- Schreibe deinen Prompt zuerst sachlich.
- Dann erweitere ihn um ein Gefühl oder Bedürfnis der Zielgruppe.
- Lies beide Versionen. Welcher Text wirkt näher, echter, hilfreicher?
✍️ Reflexionsimpuls: KI kann Emotion imitieren – aber nur du kannst sie leiten. Empathie ist die neue Form der Präzision.
Perspektivwechsel – Vom Ich zum Du
Viele Prompts sind unbewusst aus der Ich-Perspektive geschrieben: „Ich will wissen…“.
Doch wenn du für eine Zielgruppe schreibst, solltest du dich in deren Welt hineinversetzen.
Jetzt bist du dran!
Perspektive wechseln:
- Nimm einen bestehenden Prompt, z. B.: „Erkläre, wie man Achtsamkeit trainiert.“
- Formuliere ihn um in die Perspektive deiner Zielgruppe:
„Erkläre, wie gestresste Berufstätige Achtsamkeit im Alltag trainieren können – mit einfachen, kurzen Übungen.“ - Vergleiche Ton und Wirkung. Du wirst merken: Sprache wird automatisch menschlicher.
💡 Reflexionsimpuls: Perspektive ist Empathie in Strukturform. Sie verändert nicht nur, was du sagst, sondern auch, wie du denkst.
Stimme deiner Zielgruppe testen:
Schreibe einen 200-Wörter-Text über gesunde Ernährung, einmal für Kinder, einmal für Leistungssportler:innen. Beschreibe anschließend, wie sich Sprache, Beispiele und Argumente unterscheiden.
Persona-Experiment:
Du bist Kommunikationscoach. Erstelle eine Anleitung für Zeitmanagement, einmal für einen gestressten Manager und einmal für eine Studentin im Prüfungsstress. Vergleiche, welche Wörter und Strukturen die KI jeweils wählt.
Emotionale Verbindung:
Erstelle einen Prompt, der deine Zielgruppe emotional anspricht. Beispiel: „Schreibe einen motivierenden Absatz für Menschen, die trotz Rückschlägen an ihrer Fitnessroutine festhalten wollen.“ Beobachte, wie sich Ton und Energie der Antwort verändern.
Die Zielgruppe als Spiegel
Zielgruppenbewusstsein ist keine Marketingübung, sondern eine Denkübung.
Wenn du weißt, wer zuhört, wird dein Denken klarer, dein Ausdruck präziser und deine KI-Antwort relevanter.
Jede Zielgruppe ist ein Spiegel deiner Intention.
Im nächsten Artikel der inneren Schicht geht es um den situativen Kontext – also darum, in welchem Rahmen dein Prompt steht und wie Medium, Zweck und Umgebung die Sprache verändern.
Dieser Beitrag ist Teil der Serie Prompting³ – Denken. Formulieren. Strukturieren.
Bisher erschienen:
- Die Kunst des Promptens – Denken lernen mit KI
- Das Ziel – Was will ich erreichen?
- Die Zielgruppe – Für wen schreibe ich?
- Der Situative Kontext – In welchem Rahmen steht der Prompt?
- Perspektive – Aus wessen Sicht wird gesprochen?
- Rolle – Wer spricht oder handelt?
- Ton – Wie klingt die Sprache?
- Schreibstil – Welcher Stil transportiert die Intention am besten?
- Umfang – Wie tief oder lang soll die Antwort gehen?
- Beispiel, Referenz & Vergleich – Gibt es ein Vorbild oder Stilbeispiel?
- Ausgabeformate – Wie soll die Antwort aussehen?
- Visuelle Komponenten – Soll die KI Bilder, Diagramme oder Layouts einbeziehen?
- Dateityp – In welcher Form soll das Ergebnis exportiert werden?
- Aufbau & Komposition – Wie Struktur Bedeutung formt
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